Lockerungen im Newsletterversand? Was das neue EuGH-Urteil für dich bedeutet

Das EuGH-Urteil C-654/23 vom 13.11.2025 hat Bewegung ins Umfeld der E-Mail-Werbung gebracht und viele Unternehmen fragen sich jetzt, ob damit „Lockerungen“ im Newsletterversand möglich sind.

In diesem Beitrag bekommst du deshalb eine klare Einordnung, was das Urteil tatsächlich erlaubt, wo die Grenzen bleiben und wie du diese Spielräume für dein Newsletter Marketing sinnvoll nutzen kannst.

Kurz zur Einordnung des Urteils C-654/23

Der Fall vor dem EuGH drehte sich um Werbe-E-Mails, die an Personen geschickt wurden, die sich zuvor für eine kostenlose Leistung bzw. ein kostenfreies Nutzerkonto registriert hatten. Angeklagt bzw. in der Prüfung stand ein Unternehmen, das im Rahmen dieser Registrierung E-Mail-Adressen erhoben und später für Werbezwecke genutzt hat, ohne ein klassisches, ausdrücklich getrenntes Newsletter-Opt-in (z.B. Double-Opt-in mit Häkchen und Bestätigungs-Mail) einzuholen.

Streitpunkt war, ob und in welchem Umfang diese Nutzung der E-Mail-Adresse für Werbung zulässig sein kann, wenn die Anmeldung kostenlos und der Werbehinweis „nur“ in den AGB oder bei der Registrierung erfolgt ist.

 

Was der EuGH konkret entschieden hat

Der EuGH hat im Urteil C-654/23 nicht den Grundsatz infrage gestellt, dass Werbe-E-Mails grundsätzlich eine Einwilligung brauchen. Er hat aber klargestellt, dass diese Einwilligung unter bestimmten Umständen auch dann vorliegen kann, wenn sie nicht als klassisches Newsletter-Häkchen daherkommt, sondern im Rahmen einer klar verständlichen und freiwilligen Registrierung erteilt wird.

Vereinfacht gesagt: Wenn Nutzer sich für eine kostenlose Leistung registrieren und dabei transparent darauf hingewiesen werden, dass ihre E-Mail-Adresse auch für bestimmte Werbe-E-Mails genutzt wird, kann das – je nach Ausgestaltung – als wirksame Einwilligung gelten.

Besonders wichtig ist folgender Gedanke des EuGH (sinngemäß wiedergegeben):

Eine Einwilligung kann auch im Rahmen eines „Pakets“ von Bedingungen wirksam sein, solange die betroffene Person klar und verständlich erkennt, worin sie einwilligt, und sie realistisch die Wahl hat, dies abzulehnen. Wörtlich betont der EuGH, dass „die betroffene Person in Kenntnis der Sachlage und in freier Entscheidung zustimmen muss“, aber nicht zwingend ein separates Kästchen vorhanden sein muss, wenn der Zusammenhang eindeutig und nicht versteckt ist.

 

Lockert sich dadurch die bisherige Rechtslage?

Bisher wurde in der Praxis oft sehr streng ausgelegt, dass du im B2C ohne ein klar abgetrenntes, aktives Double-Opt-in kaum Spielraum hast. Das Urteil öffnet hier eine Tür:

  • Einwilligung kann auch in eine kostenlose Registrierung „eingebettet“ sein,
  • wenn der Werbezweck klar und deutlich erklärt wird,
  • und die Nutzung der E-Mail für Werbung Teil des transparenten „Deals“ ist.

Wichtig: Das ersetzt kein Opt-in, sondern weitet aus, wie ein Opt-in rechtswirksam gestaltet sein kann. Du bekommst also Gestaltungsspielraum, aber keine „Werbung ohne Einwilligung light“.

Neue Optionen für B2C-Unternehmen durch das Urteil

Für den B2C-Bereich ergeben sich aus dem Urteil vor allem diese positiven Optionen, wenn du sie sauber umsetzt:

1. Nutzung kostenloser Registrierungen als Einwilligungs-Hub

Du kannst kostenlose Accounts, Mitgliedschaften, Gewinnspiele oder Content-Zugänge (z.B. E-Books, Whitepaper) stärker nutzen, um dort rechtssichere Einwilligungen „mitzudenken“. Entscheidend ist, dass du bei der Registrierung klar sagst, wofür die E-Mail genutzt wird, z.B.:
„Mit deiner Registrierung stimmst du zu, dass wir dir regelmäßig Informationen zu unseren Produkten und Aktionen per E-Mail zusenden. Du kannst diese Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen.“

2. Weniger starre Pflicht zum separaten Checkbox-Opt-in

Das Urteil legt nahe, dass eine Einwilligung nicht immer ein eigenständiges Häkchen braucht, solange Transparenz, Freiwilligkeit und Widerrufsmöglichkeit sichergestellt sind.

Trotzdem empfehlen wir dir aus Beweisgründen weiter ein eigenes Einwilligungsfeld.

3. Klarere Argumentation bei kostenfreien Angeboten

Viele B2C-Anbieter nutzen kostenlose Tools, Apps oder Services zur Leadgenerierung. Du kannst nun besser begründen, warum du die E-Mail-Adresse im Rahmen dieses Deals auch werblich nutzt – solange das von Anfang an offen und fair kommuniziert ist.

Du darfst eine E-Mail-Adresse ohne gesondertes Newsletter-Opt-in nutzen, wenn:

  • du die Adresse im Zusammenhang mit einem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung erhalten hast,
  • du „ähnliche“ eigene Produkte bewirbst,
  • der Kunde nicht widersprochen hat,
  • und du bei der Erhebung sowie in jeder E-Mail auf das Widerspruchsrecht hinweist.

Das EuGH-Urteil ergänzt diese Landschaft, es ersetzt sie nicht.

Allgemeine Grundlagen: Was ändert sich durch das Urteil nicht?

Auch mit dem Urteil C-654/23 bleiben die bekannten rechtlichen Eckpfeiler bestehen:

  • DSGVO: Jede E-Mail-Werbung ist eine Verarbeitung personenbezogener Daten. Du brauchst eine Rechtsgrundlage, meistens Art. 6 Abs. 1 lit. a DSGVO (Einwilligung).
  • UWG, insbesondere § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG: Werbliche E-Mails ohne Einwilligung sind unzulässig und können als unzumutbare Belästigung abgemahnt werden.
  • Bestandskundenregelung (§ 7 Abs. 3 UWG): Hier gibt es schon lange eine „Lockerung“, die aber sehr eng ist.

Vorteile von B2C-Newslettern

Damit du ein Gefühl bekommst, warum sich der Aufwand lohnt, hier kurz die wichtigsten Benefits im B2C:

  • Direkter Kanal zum Kunden: Du bist nicht von Algorithmen sozialer Netzwerke abhängig.
  • Hohe Relevanz: Gut segmentierte Newsletter können sehr zielgenau Angebote platzieren (z.B. Wiederkäufer, Warenkorbabbrecher, Saisonprodukte).
  • Messbarkeit: Öffnungsraten, Klickraten, Conversion – alles lässt sich relativ klar nachvollziehen (Tracking aber bitte nur mit Einwilligung).
  • Kundenbindung: Regelmäßige, nützliche Inhalte steigern Loyalität und Wiederkaufraten.

 

Typische Herausforderungen im Newsletter Marketing

Gleichzeitig gibt es ein paar Stolpersteine, die du im Blick behalten solltest:

  • Rechtliche Komplexität: DSGVO, UWG, ggf. auch das TDDDG – das ist für Marketingteams oft schwer zu überblicken.
  • Dokumentation: Du musst jederzeit nachweisen können, woher eine Einwilligung kommt (Zeitpunkt, Quelle, Art der Zustimmung).
  • Erwartungsmanagement: Wenn die Inhalte nicht zu dem passen, was du bei der Anmeldung versprochen hast, steigen Abmelde- und Beschwerderaten.
  • Technik & Datenqualität: Bounces, alte Adressen, fehlendes Consent-Tracking können dir das Leben unnötig schwer machen.

 

Einsatz von KI im Newsletter Marketing

KI kann dir im Rahmen dieser rechtlichen Leitplanken viel Arbeit abnehmen. Ein paar sinnvolle Einsatzfelder:

  • Betreffzeilen und Varianten testen: KI-Tools können dir in Sekunden mehrere Betreff-Ideen liefern, die du dann A/B-testest.
  • Personalisierte Inhalte: Aus vorhandenen Segmentdaten (z.B. Kaufhistorie, Interessen) kannst du mit KI unterschiedliche Textvarianten für verschiedene Kundengruppen erzeugen.
  • Automatisierte Auswertung: Öffnungs- und Klickraten, Abmeldequote, Reaktivierungskampagnen – KI hilft dir, Muster zu erkennen und Optimierungsvorschläge zu machen.
  • Content-Produktion: Produktbeschreibungen, kurze Tipps, Ankündigungen – vieles lässt sich mit KI vorformulieren und dann von dir rechtlich und inhaltlich sauber finalisieren.

Wichtig ist: KI ändert nichts an der Pflicht, saubere Einwilligungen zu haben und die DSGVO zu beachten. Sie ist ein Werkzeug, kein Freibrief.

Fünf zentrale FAQs zu den neuen Spielräumen und Best Practices

Nur, wenn die Einwilligung im Rahmen der Registrierung klar, freiwillig und verständlich erteilt wird. Das Urteil erleichtert die Gestaltung, hebt aber die Einwilligungspflicht nicht auf. Für die Praxis bleibt ein separates Häkchen in vielen Fällen der sicherste Weg.

Ja, wenn du bei der Teilnahme eindeutig darauf hinweist, dass die E-Mail-Adresse auch für regelmäßige Werbung genutzt wird, und die Teilnahme nicht faktisch von dieser Einwilligung abhängt (also keine versteckten Zwangsbedingungen). Transparenz ist hier der Knackpunkt.

Die vier oben genannten Voraussetzungen müssen alle erfüllt sein. Besonders oft scheitert es in der Praxis daran, dass entweder der Hinweis auf das Widerspruchsrecht fehlt oder Produkte beworben werden, die nicht mehr als „ähnlich“ gelten.

Öffnungs- und Klicktracking gelten als Verarbeitung personenbezogener Daten. In der Regel brauchst du dafür eine gesonderte Einwilligung oder musst sie deutlich im Rahmen der Newsletter-Einwilligung mitkommunizieren. Du solltest klar sagen, ob und welche Daten du auswertest.

Nutze ein sauberes Double-Opt-in, dokumentiere jede Einwilligung (Zeitstempel, Quelle, Einwilligungstext), halte eine aktuelle Newsletter-Datenschutzerklärung vor, und stelle sicher, dass ein Abmeldelink in jeder Mail vorhanden ist. Wenn du neue Modelle nach C-654/23 testest, dokumentiere deine Gestaltung sorgfältig und halte sie möglichst einfach und nachvollziehbar.

 

Wenn du unsere Unterstützung im Bereich Newsletter Marketing benötigst, kontaktiere uns gern!